Anziehungspunkte

Die geheimnisvollen Sandsteinhöhlen von Blankenburg

Die Sandsteinhöhlen in der Nähe von Blankenburg sehen aus wie der Spielplatz von Riesen, haben die Größe eines Fußballplatzes und liegen mitten in einem ausgedehnten Kiefernwald. Wer sie nach einer Wanderung von 20 Minuten besucht, staunt über die Kraft der Natur. Die Germanen sollen sie als Versammlungsort genutzt haben. Es ist offensichtlich ein magischer Ort.

Die mächtigen Sandsteinfelsen sind beeindruckend und erinnern auf den ersten Blick ein wenig an die Kreidefelsen von Rügen. Erstaunlich: In manchen Reiseführern wird dieses Kulturdenkmal nicht einmal erwähnt. Dabei sind sie längst kein Geheimtipp mehr.

»Mein erster Besuch der Sandsteinhöhlen«

Erste Überraschung: Nur 35 Minuten von Salzgitter. Kurzer Weg von der Autobahnabfahrt, teilweise etwas rustikal über Kopfsteinpflaster. Zweite Überraschung: Meine größte Sorge, dass der herrliche Kiefernwald – wie große Teile des Oberharzes – unter der Trockenheit der letzten Jahre gelitten hat, war unbegründet. Es erwartete mich ein kühler (3°), wunderbarer Morgen mit einem Wolken-Sonne-Mix, ideal zum Fotografieren.

Traumstädte wie auf einer Perlenkette

Ich liebe die Nordharz-Autobahn, besonders im Frühjahr in der ersten Morgensonne. Der Harz liegt so unglaublich klar und kompakt vor einem, dass man sofort aussteigen und auf ihn zuwandern möchte.

So nah wie der Harz, so nah liegen an der Nordharz-Autobahn auch die Traumstädte beieinander – wie auf einer Perlenkette. Wer Stadttouren liebt und einen Blick für den mittelalterlichen Charme hat, findet am Harz eine unglaubliche Auswahl: Ilsenburg, Wernigerode, Halberstadt, Blankenburg und Thale. Zusammen mit Goslar und Bad Harzburg am Westharz-Rand bilden sie – Jahrhunderte alt – ein einzigartiges Städte-Ensemble. Alle in wenigen Autominuten erreichbar.

Mein Begleiter Marko Schüren (35) von der Blankenburger Tourist-Info sprudelte nur so vor Detailwissen. Man merkte, dass er neben vielen anderen Aufgaben einen aufmerksamen Blick auf die Wege und Wegweiser hat. Später stellte sich heraus: Die Sandsteinhöhlen sind sein Lieblingsplatz in Blankenburg.

»Einmalige Naturkulisse mit Strandgefühl«

Die Besucher, so Schüren, würden die Sandsteinhöhlen als einmalige Naturkulisse empfinden. »Man rechnet einfach nicht damit, einen großen weißen Fleck mit Höhlen tief im Kiefernwald zu finden, der noch dazu sehr fotogen ist und ein Strandgefühl auslöst.« Allerdings, so Schüren weiter, wer die Sandsteinhöhlen genießen will, für den ist ein Besuch in der Woche vormittags perfekt. Sogar bei bedecktem Himmel lohne es sich. 

Marko Schüren zur Frage nach seinem Lieblingsplatz in Blankenburg.

Kaum zu glauben, dass die gesamte Grundfläche des Areals früher zwei Meter tiefer gelegen war. Durch den durch Wind und Wetter abgetragenen feinen Sand sei sie immer mehr in die Höhe gewachsen.

Von der Burgruine Regenstein sind die Sandsteinhöhlen als kurioser weißer Fleck inmitten des Kiefernwaldes, dem sogenannten »Heers«, zu sehen. Im Heers, erläutert Schüren, gebe es hier untertage eine Bundeswehrkaserne, die voll in Betrieb sei. »Es ist vermutlich die größte Untertage-Apotheke der Welt.«

»Toll für Kinder«

Eine Besucherin aus der Region Gifhorn, die mit ihrer Tochter und drei weiteren Kindern eigentlich über das Ecker-Loch zum Brocken wollte, kam wegen des unsicheren Wetters zu den Sandsteinhöhlen. Wir fragten die Tochter nach ihren Eindrücken und sie brachte es trotz ihres jugendlichen Alters journalistisch perfekt mit drei Worten auf den Punkt: »Toll für Kinder.« An einer Stelle, ergänzt Schüren, könnten sich Kinder durch einen Felsspalt zwängen und würden dann in einem »riesengroßen« Höhlenraum stehen.

»Kleiner und großer Rundweg«

Neben dem direkten Weg zu den Sandsteinhöhlen (20 Minuten, 1,2 Kilometer) gibt es noch den von uns erwanderten fünf Kilometer langen Rundweg (1,5 Stunden), sowie einen weiteren über zehn Kilometer (3 Stunden), der aber keine neuen Sehenswürdigkeiten enthält. Wer noch einen großartigen Blick ins Harzvorland genießen möchte, wandert anschließend zur Burgruine Regenstein, die relativ entspannt in 1,5 Stunden zu erreichen ist.

Viele Grenzsteine Braunschweig/Preußen

Als jemand, der aus der Braunschweiger Region kommt, ist mir natürlich bekannt, dass Blankenburg früher zu Braunschweig gehörte. Das merkt man auf dem Wanderweg zu den Sandsteinhöhlen auf Schritt und Tritt. Immer wieder begegnet man Grenzsteinen, die auf der einen Seite ein »B« für Braunschweig haben und auf der anderen ein »P« für Preußen.

»Entstehung der Blankenburger Sandsteinhöhlen«

Auch wenn die Erosion durch Wind und Regen an den Sandsteinhöhlen nagt, entstanden sind sie durch Menschenhand. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts nutzte man den feinen Quarzsand zusammen mit Seife und Soda als Scheuermittel, um Steinfußböden, Dielen und Holztische zu schrubben. Durch den Sand wurden die Schmutzpartikel gut aufgenommen.

»Drehort Sandsteinhöhlen«

Inzwischen hat die Film- und Fernsehwelt die Sandsteinhöhlen auch als Drehort entdeckt, etwa 2016 für den Märchenfilm »Das singende, klingende Bäumchen« oder 2021 für die Folge »Hexen müssen brennen« des Polizeirufs 110 aus Magdeburg. Darüber hinaus wurden Teile des Kinderfilms »Bibi und Tina« hier gedreht.

»Blankenburgs Vielfalt«

Marko Schüren sieht die besondere Attraktivität Blankenburgs in der Mischung aus Natur und kulturellen Attraktionen. »Wir haben neben den Sandsteinhöhlen die Teufelsmauer und die markante Burg Regenstein. Und wir haben ein Schloss mit vier verschiedenen barocken Park- und Schlossgärten.« Als besonderen Tipp erwähnt er noch Deutschlands einziges Herbergsmuseum, das sich – gut ausgestattet – mit den wandernden Handwerksgesellen befasst.

Aber er geht auch nicht über die Probleme Blankenburgs mit leichter Hand hinweg und spricht die Entwicklung in der Innenstadt an, die »leider nicht die touristisch schöne Ausstrahlung wie in Wernigerode« habe. Eine Herausforderung, mit der wegen der vielschichtigen Problematik viele andere deutsche Städte zu kämpfen hätten.

»Wiedersehen in 30 Jahren«

Als wir fast schon wieder am Parkplatz waren, kreuzte ein gut gelauntes Paar aus Bremen unseren Weg. Am Ende unseres Gesprächs über das Tannensterben im Oberharz versprachen wir uns augenzwinkernd, uns in 30 Jahren wieder zu treffen, wenn der Harz als Mischwald-Gebirge wieder ergrünt ist.

Text, Fotos, Video und Gestaltung: Michael Hotop, Jochen Hotop

Gesprächsfetzen
  • Blankenburg hat knapp 20.000 Einwohner.
  • Was die Besucherströme angeht, liegt Wernigerode an erster Stelle, dann folgen Goslar und kurz dahinter Quedlinburg.
  • Der Oktober ist der Monat mit den höchsten Besucherzahlen.
  • Von den Freunden der Harzer Wandernadel wurden die Sandsteinhöhlen als »Schönste   Stempelstelle des Jahres 2009« ausgewählt.