Neben den vielen Attraktionen des Harzes sind die Harzer Schmalspurbahnen des eine ganz besondere. Das wird bei Umfragen immer wieder eindrucksvoll bestätigt: Die dampfbetriebenen Züge – unterwegs auf engen Gleisen im gemächlichen Tempo – sind für viele Touristen eine Reise in den Harz wert. Es geht durch enge Schluchten und finsteren Tann bis ganz hinauf zum höchsten Gipfel Norddeutschlands, dem Brocken. Es geht aber auch durch herrliche Wiesenlandschaften im Selketal. Um die Naturschönheiten zu genießen, gibt es kaum eine bessere Geschwindigkeit als die maximal möglichen 40 km/h. Wie wertvoll die historischen Dampfzüge für den Harz inzwischen geworden sind, zeigt ein Vergleich: Die Schmalspurbahnen sind mit 140 Kilometern Europas längstes planmäßig mit Dampfzügen befahrenes Schienennetz.
Er stampft brüllend durch die dunklen Harzer Fichtenwälder, röhrt über die Bergwiesen, strebt selbstbewusst auf den höchsten Gipfel des deutschen Nordens. Nein, nicht vom Rothirsch ist hier die Rede, sondern vom „Harzbullen“, wie manche Eisenbahnfreunde die mit 700 PS stärksten Dampfloks der Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB) respektvoll bezeichnen.
Trainspotting
Wer die Brockenbahn während seiner Wanderung zum Brocken fotografieren oder filmen will, kann zum Beispiel von Oderbrück aus starten und geht beim Aufstieg und Abstieg rund zweieinhalb Kilometer entlang der Gleise. Dabei ist das Pfeifen der nostalgischen Dampflok schon kilometerweit zu hören.
Die Maschinen, in den 1950er Jahren in der DDR gebaut, werden als Neubauloks bezeichnet und sind die Leistungsträger der Bahn. Sie ziehen im Regelfall die planmäßigen Züge, während ihre von 1897 bis 1939 gebauten Geschwister eher im Sonderzugdienst anzutreffen sind. Auch Fahrzeuge einer historischen bis modernen Triebwagenflotte brummen über die Gleise. Unter anderem das älteste erhaltene Fahrzeug der einstigen Gernrode-Harzgeroder Eisenbahn (GHE) aus dem Jahre 1933 und die „Fischstäbchen“, so genannt, weil sie zuvor auf der ostfriesischen Insel Langeoog Dienst taten.
»Längstes Schienennetz Europas mit Plandampf«
Mit 140 Kilometern Streckenlänge weist „Die Größte unter den Kleinen“ Europas längstes planmäßig mit Dampfzügen befahrenes Schienennetz auf. Für viele Harzbesucher aus aller Welt ist die Meterspurbahn Hauptgrund einer Reise in Deutschlands nördlichstes Mittelgebirge. Rund 600.000 davon zog es 2017 auf den Brocken, der den HSB etwa zwei Drittel ihres Umsatzes beschert. 262.000 Fahrgäste reisten mit der Harzquerbahn vorwiegend im Raum Nordhausen.
Das Schmalspurnetz
Fahrgäste 2017*
Brockenbahn
19 km
600.000
Harzquerbahn
60,5 km
262.000
Selketalbahn
60,9 km
89.000
Gesamtlänge
140,4 km
*Sonderfahrten: 55.000
Ein völlig unverdientes Schattendasein mit nur 89.000 Reisenden fristet die durch eine wunderschöne Landschaft trassierte Selketalbahn. Nicht nur Bahnfreaks bezeichnen sie als schönste und abwechslungsreichste Teilstrecke der HSB.
Mit den rund 55.000 Teilnehmern von Sonderfahrten befördert das Unternehmen etwa eine Million Passagiere im Jahr, mal mehr mal weniger je nach der Laune von Petrus.
»Von Harzkamelen und Rosinenpickern«
Ein Erfolgsmodell für den gesamten Harz, das nach der politischen Wende 1989/90 ganz und gar nicht selbstverständlich war! Längst hatte die DDR-Reichsbahn entschieden und bereits damit begonnen, ihre verschlissenen Dampfrösser durch Dieselloks zu ersetzen, die von der Regelspur auf Schmalspur umgebaut wurden. Allenfalls ein halbes Dutzend Dampfveteranen sollten Nostalgiezüge ziehen.
Doch nun war die Wende da und weder den Eisenbahnfans noch anderen Reisenden gefielen die roten überdimensionierten „Harzkamele“, die blaue Dieselschwaden ausstoßend über die Gleise schwankten.
Das Geheimnis: Viel Wasser und Steinkohle
Von Wernigerode aus sind es 33 Kilometer bis zum Brocken – bei einem Höhenunterschied von 900 Metern. Dabei verdampft die Lok 8000 Liter Wasser und verbrennt mindestens anderthalb Tonnen Steinkohle. 60 Heizer und Lokführer sind auf den insgesamt 25 Dampfloks – darunter der Mallet von 1897 – auf dem gesamten Streckennetz der HBS unterwegs.
Auch eine Gruppe von „Rosinenpickern“, die lediglich die lukrative Brockenstrecke elektrisch betreiben und das Restnetz aufgeben wollte, hörte wenig Applaus für ihre Idee. Wütende Proteste nicht nur von engagierten Eisenbahnern, die ihren Zorn sogar auf die Waggons pinselten, sondern Bedenken von regionalen und überregionalen Politikern von Touristikern und einem Heer von Bahnliebhabern, machten die Pläne bald zu Makulatur. Am 1.Februar 1993 ging die Bahn von der Deutschen Reichsbahn an die in regionaler Trägerschaft befindliche Harzer Schmalspurbahnen GmbH über.
»Rollende Denkmäler aus der Kaiserzeit«
Seit nunmehr einem Vierteljahrhundert als Touristenmagnet und Sympathieträger bleibt die Bahn für die Verantwortlichen stets eine Herausforderung. Einen Fahrzeugpark mit rollenden Denkmälern aus der Kaiserzeit bis hin zur modernen Hybridtram am Laufen zu halten, verlangt Kompetenz aber auch Visionen. Und nicht die Fahrzeuge, auch der Erhalt des einzigartigen Gesamtnetzes, das 2006 noch in die Weltkulturerbestadt Quedinburg verlängert wurde, kosten Geld. Auch die qualifizierten Mitarbeiter wollen eine ordentliche Zahl auf dem monatlichen Gehaltszettel sehen. Wohl kaum eine deutsche Eisenbahn, die im Moment kein Personal sucht.
In 50 Minuten zum Brocken
Das 700 PS starke Dampfross bringt die Fahrgäste von Drei Annen Höhne aus in rund 50 Minuten zum Brocken. Die Strecke wurde 1899 eröffnet und ermöglicht bei gutem Wetter traumhafte Ausblicke.
Gerade der harte Dienst auf den Dampfloks fordert den vollen Einsatz, so ist die Verlockung groß, in den hellen, sauberen klimatisierten Führerstand eines anderen Bahnbetreibers zu steigen. Wären da nicht bei vielen der faszinierende Mythos von „König Dampf“und das Herzblut….
»Längst überfälliger Lückenschluss«
Leider ist es bis heute trotz etlicher Anläufe nicht gelungen, Braunlage wieder an das Ostharzer Schmalspurnetz anzubinden. Vor dem Krieg existierte eine Verknüpfung der einstigen Südharzeisenbahn (SHE) mit der damaligen Nordhausen-Wernigeroder Eisenbahn (NWE), die durch den Stacheldraht unterbrochen wurde.
Zwar ist diese unsägliche Grenze längst Geschichte, aber auch Ländergrenzen sind in Deutschland leider Grenzen. So konnten sich bislang Niedersachsen und Sachsen-Anhalt noch nicht auf einen Lückenschluss einigen – trotz zahlreicher Anläufe. Oft entschied sich das „ganz oben“ in Magdeburg und Hannover. Natürlich kostet die Aktion Geld, viel Geld. Und nicht allein nur für den Bau, sondern auch für Betrieb sowie den Erhalt der Infrastruktur.
Seit 1992 wieder erreichbar: Der Brockengipfel
30 Jahre lang wurde die Strecke zum Brocken nur von DDR-Grenzern genutzt. Erst 1992 ist der fahrplanmäßige Betrieb für jedermann wieder aufgenommen worden.
Hier sollten beide Seiten an einem Strang ziehen. Animositäten wie man sie bei der Schaffung des Nationalparkes erlebte, erinnerten bisweilen an kleine zänkische Kinder denen man den Schnuller wegnehmen wollte. Sicher muss man hier u.a. auch die „Skischaukel“ , mit der man den Wurmberg, das attraktivste Harzer Skigebiet von der Ostseite erschließen will, als wichtigen Faktor sehen.
»Wer küsst Dornröschen wach«
Übrigens sind bestimmte Unterschiede und Befindlichkeiten, die es hierzulande schon früher gab, für Harzbesucher und -urlauber völlig uninteressant. Den normalen Urlauber interessiert es nicht, ob er gerade im niedersächsischen oder sachsen-anhaltinischen bzw. thüringischen Teil des Gebirges weilt. Und im herrlichen Selketal, das hier und da mit sehr reizvollen und guten gastronomischen Angeboten aufwartet, die viel Liebe und Engagement ihrer Betreiberinnen und Betreiber offenbaren, fehlen oft anderswo am Ufer der Selke Ideen und Professionalität. Wer küsst auch hier Dornröschen wach?
»Die Schmalspurbahnen als Klammer«
Dem Autor, der als kleiner Junge dem „Quirl“, der Harzquerbahn nahe dem großelterlichem Haus hinterhergerannt ist und viele Jahre im Westharz lebte, ist es ein Herzensanliegen, dass „sein“ Gebirge eine gute Zukunft hat. Die einzigartigen Schmalspurbahnen sollten mehr denn je eine Klammer für den Harz sein. Denn nur der ganze Harz hat Zukunft.
Fotos und Text: Heinz-Helmut Heidenbluth
Tipp:
Für die Brockenbahn ist im Besonderen am Wochenende eine Platzreservierung empfehlenswert.
Wer steht hinter der HSB?
Die Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB) mit Hauptsitz in Wernigerode wird im Wesentlichen getragen von den Kreisen und Gemeinden auf deren Gebiet die Züge unterwegs sind.
Neben den vielen Attraktionen des Harzes sind die Harzer Schmalspurbahnen des eine ganz besondere. Das wird bei Umfragen immer wieder eindrucksvoll bestätigt: Die dampfbetriebenen Züge – unterwegs auf engen Gleisen im gemächlichen Tempo – sind für viele Touristen eine Reise in den Harz wert. Es geht durch enge Schluchten und finsteren Tann bis ganz hinauf zum höchsten Gipfel Norddeutschlands, dem Brocken. Es geht aber auch durch herrliche Wiesenlandschaften im Selketal. Um die Naturschönheiten zu genießen, gibt es kaum eine bessere Geschwindigkeit als die maximal möglichen 40 km/h. Wie wertvoll die historischen Dampfzüge für den Harz inzwischen geworden sind, zeigt ein Vergleich: Die Schmalspurbahnen sind mit 140 Kilometern Europas längstes planmäßig mit Dampfzügen befahrenes Schienennetz.
Er stampft brüllend durch die dunklen Harzer Fichtenwälder, röhrt über die Bergwiesen, strebt selbstbewusst auf den höchsten Gipfel des deutschen Nordens. Nein, nicht vom Rothirsch ist hier die Rede, sondern vom „Harzbullen“, wie manche Eisenbahnfreunde die mit 700 PS stärksten Dampfloks der Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB) respektvoll bezeichnen.
Die Maschinen, in den 1950er Jahren in der DDR gebaut, werden als Neubauloks bezeichnet und sind die Leistungsträger der Bahn. Sie ziehen im Regelfall die planmäßigen Züge, während ihre von 1897 bis 1939 gebauten Geschwister eher im Sonderzugdienst anzutreffen sind. Auch Fahrzeuge einer historischen bis modernen Triebwagenflotte brummen über die Gleise. Unter anderem das älteste erhaltene Fahrzeug der einstigen Gernrode-Harzgeroder Eisenbahn (GHE) aus dem Jahre 1933 und die „Fischstäbchen“, so genannt, weil sie zuvor auf der ostfriesischen Insel Langeoog Dienst taten.
»Längstes Schienennetz Europas mit Plandampf«
Mit 140 Kilometern Streckenlänge weist „Die Größte unter den Kleinen“ Europas längstes planmäßig mit Dampfzügen befahrenes Schienennetz auf. Für viele Harzbesucher aus aller Welt ist die Meterspurbahn Hauptgrund einer Reise in Deutschlands nördlichstes Mittelgebirge. Rund 600.000 davon zog es 2017 auf den Brocken, der den HSB etwa zwei Drittel ihres Umsatzes beschert. 262.000 Fahrgäste reisten mit der Harzquerbahn vorwiegend im Raum Nordhausen.
Ein völlig unverdientes Schattendasein mit nur 89.000 Reisenden fristet die durch eine wunderschöne Landschaft trassierte Selketalbahn. Nicht nur Bahnfreaks bezeichnen sie als schönste und abwechslungsreichste Teilstrecke der HSB.
Mit den rund 55.000 Teilnehmern von Sonderfahrten befördert das Unternehmen etwa eine Million Passagiere im Jahr, mal mehr mal weniger je nach der Laune von Petrus.
»Von Harzkamelen und Rosinenpickern«
Ein Erfolgsmodell für den gesamten Harz, das nach der politischen Wende 1989/90 ganz und gar nicht selbstverständlich war! Längst hatte die DDR-Reichsbahn entschieden und bereits damit begonnen, ihre verschlissenen Dampfrösser durch Dieselloks zu ersetzen, die von der Regelspur auf Schmalspur umgebaut wurden. Allenfalls ein halbes Dutzend Dampfveteranen sollten Nostalgiezüge ziehen.
Doch nun war die Wende da und weder den Eisenbahnfans noch anderen Reisenden gefielen die roten überdimensionierten „Harzkamele“, die blaue Dieselschwaden ausstoßend über die Gleise schwankten.
Auch eine Gruppe von „Rosinenpickern“, die lediglich die lukrative Brockenstrecke elektrisch betreiben und das Restnetz aufgeben wollte, hörte wenig Applaus für ihre Idee. Wütende Proteste nicht nur von engagierten Eisenbahnern, die ihren Zorn sogar auf die Waggons pinselten, sondern Bedenken von regionalen und überregionalen Politikern von Touristikern und einem Heer von Bahnliebhabern, machten die Pläne bald zu Makulatur. Am 1.Februar 1993 ging die Bahn von der Deutschen Reichsbahn an die in regionaler Trägerschaft befindliche Harzer Schmalspurbahnen GmbH über.
»Rollende Denkmäler aus der Kaiserzeit«
Seit nunmehr einem Vierteljahrhundert als Touristenmagnet und Sympathieträger bleibt die Bahn für die Verantwortlichen stets eine Herausforderung. Einen Fahrzeugpark mit rollenden Denkmälern aus der Kaiserzeit bis hin zur modernen Hybridtram am Laufen zu halten, verlangt Kompetenz aber auch Visionen. Und nicht die Fahrzeuge, auch der Erhalt des einzigartigen Gesamtnetzes, das 2006 noch in die Weltkulturerbestadt Quedinburg verlängert wurde, kosten Geld. Auch die qualifizierten Mitarbeiter wollen eine ordentliche Zahl auf dem monatlichen Gehaltszettel sehen. Wohl kaum eine deutsche Eisenbahn, die im Moment kein Personal sucht.
Gerade der harte Dienst auf den Dampfloks fordert den vollen Einsatz, so ist die Verlockung groß, in den hellen, sauberen klimatisierten Führerstand eines anderen Bahnbetreibers zu steigen. Wären da nicht bei vielen der faszinierende Mythos von „König Dampf“und das Herzblut….
»Längst überfälliger Lückenschluss«
Leider ist es bis heute trotz etlicher Anläufe nicht gelungen, Braunlage wieder an das Ostharzer Schmalspurnetz anzubinden. Vor dem Krieg existierte eine Verknüpfung der einstigen Südharzeisenbahn (SHE) mit der damaligen Nordhausen-Wernigeroder Eisenbahn (NWE), die durch den Stacheldraht unterbrochen wurde.
Zwar ist diese unsägliche Grenze längst Geschichte, aber auch Ländergrenzen sind in Deutschland leider Grenzen. So konnten sich bislang Niedersachsen und Sachsen-Anhalt noch nicht auf einen Lückenschluss einigen – trotz zahlreicher Anläufe. Oft entschied sich das „ganz oben“ in Magdeburg und Hannover. Natürlich kostet die Aktion Geld, viel Geld. Und nicht allein nur für den Bau, sondern auch für Betrieb sowie den Erhalt der Infrastruktur.
Hier sollten beide Seiten an einem Strang ziehen. Animositäten wie man sie bei der Schaffung des Nationalparkes erlebte, erinnerten bisweilen an kleine zänkische Kinder denen man den Schnuller wegnehmen wollte. Sicher muss man hier u.a. auch die „Skischaukel“ , mit der man den Wurmberg, das attraktivste Harzer Skigebiet von der Ostseite erschließen will, als wichtigen Faktor sehen.
»Wer küsst Dornröschen wach«
Übrigens sind bestimmte Unterschiede und Befindlichkeiten, die es hierzulande schon früher gab, für Harzbesucher und -urlauber völlig uninteressant. Den normalen Urlauber interessiert es nicht, ob er gerade im niedersächsischen oder sachsen-anhaltinischen bzw. thüringischen Teil des Gebirges weilt. Und im herrlichen Selketal, das hier und da mit sehr reizvollen und guten gastronomischen Angeboten aufwartet, die viel Liebe und Engagement ihrer Betreiberinnen und Betreiber offenbaren, fehlen oft anderswo am Ufer der Selke Ideen und Professionalität. Wer küsst auch hier Dornröschen wach?
»Die Schmalspurbahnen als Klammer«
Dem Autor, der als kleiner Junge dem „Quirl“, der Harzquerbahn nahe dem großelterlichem Haus hinterhergerannt ist und viele Jahre im Westharz lebte, ist es ein Herzensanliegen, dass „sein“ Gebirge eine gute Zukunft hat. Die einzigartigen Schmalspurbahnen sollten mehr denn je eine Klammer für den Harz sein. Denn nur der ganze Harz hat Zukunft.
Fotos und Text: Heinz-Helmut Heidenbluth